Quantum Machine Learning: Herausforderungen und Anwendungen
Ein Interview mit Felix Gemeinhardt, Quantum and Deep Tech Enthusiast geführt von Mira Dechant
Ein Interview mit Felix Gemeinhardt, Quantum and Deep Tech Enthusiast geführt von Mira Dechant
Felix, vielen Dank für deine Zeit. Wir tauchen heute gemeinsam in das Thema Quantum Machine Learning ein. Du bist Experte auf dem Gebiet, hast im Frühjahr 2024 deine Doktorarbeit erfolgreich verteidigt. Während deiner Zeit an der JKU in Linz hast du auch mit QMware zusammengearbeitet und einen Use Case im Bereich Optimierung in der verarbeitenden Industrie untersucht. Dazu kommen wir später. Beginnen wir einmal mit dem Grundlegenden: Quantentechnologie macht gerade den Sprung aus dem Labor in die Wirtschaft und erste industrielle Anwendungen. Noch viele Fragen sind ungeklärt. Was hat dich dazu motiviert, deine Karriere in der geheimnisvollen Welt der Quanten zu starten?
Nun, ich habe nicht direkt in der Welt der Quanten angefangen. Ich habe zuerst Physik und Management studiert, also zwei Studien parallel.
Für das Managementstudium habe ich ein Masterarbeitsthema gesucht, das ich mit dem Physikstudium thematisch verbinden kann. Da habe ich mir gedacht, ja gut, ich schreibe über die strategische Bedeutung von Quantencomputing, weil es eine der Technologien war, die man relativ häufig auch damals schon gehört hat. Das war 2020.
Im Zuge dessen habe ich auch Interviews geführt mit Experten im Bereich von Quantencomputing. Unter anderem hatte ich mit Georg Gesek Kontakt und auch mit meinem späteren Dissertationsbetreuer. Er hat mir dann vorschlagen, eine Dissertation bei ihm in dem Bereich anzufangen, damit wir uns gemeinsam weiter mit dem Thema beschäftigen können. Es hat einfach der Zeitpunkt gepasst. Zu der Zeit, also im Jahr 2020, konnte man wirklich anfangen, in der angewandten Forschung zu Quantencomputing eine Dissertation zu starten. Das heißt, es war eigentlich ein Zufallstreffer und damit mein Einstieg in die Quantenwelt.
Du sagtest, Quantencomputing hat dich aus einer strategisch-wirtschaftlichen Perspektive interessiert. Was ist da die Faszination – gerade auch jenseits des Hypes?
Die Faszination ist, dass man einfach wirklich fundamental andere physikalische Effekte benutzt, um Informationen zu verarbeiten. Das heißt, man macht nicht einen Prozessor besser, den es schon gibt, oder eine andere Prozessorarchitektur mit einem Transistor, den es aber schon gibt, sondern man nutzt wirklich quantenmechanische Effekte.
Man schaut auf die Theorie der Quantenmechanik, die eben regelt, wie sich die Welt im Allerkleinsten verhält. Man versteht das teilweise nicht, weil es wirklich sehr kontra-intuitive Konzepte, Phänomene sind, aber man kann diese Phänomene nutzen. So kann man in gewissen Fällen Informationen damit verarbeiten.
Und aus dem ergeben sich gewisse Use Cases, die einen Real-World-Benefit ermöglichen. Es kann sein, dass man schneller Medikamente entwickelt, dass man schneller chemische Substanzen entwickelt, und so weiter und so fort. Und das hat mich damals einfach fasziniert, diese Kombination aus einerseits den fundamental anderen physikalischen Phänomenen, die man nutzt, und andererseits den wirklich merkbaren Anwendungen in der Wirtschaft. Wobei der Zeithorizont damals auch noch fraglich war, aber das macht es eben gerade spannend am Anfang.
Quantenmechanik sei manchmal kontra-intuitiv, ein bisschen komplex, schwierig zu erklären, sagtest du. Wenn du mit deinen Großeltern sprichst und sie sagen, Felix, was machst du da eigentlich? Wie erklärst du denn diesen Bereich: Quantenphysik oder auch Quantum Maschinen Learning?
Quantenmechanik sind einfach die Regeln, wie sich Atome, Moleküle verhalten, die man jetzt in unserer Welt einfach nicht spürt. Aber es sind einfach Regeln, die in der Welt gelten. Das muss man einfach so akzeptieren. Es ist meistens gar nicht mehr so interessant für meine Großeltern, welche Regeln das genau sind, weil es da meistens schon zu kompliziert wird. Aber da fragen sie auch nicht weiter. Sie akzeptieren einfach, da sind andere Regeln, die diese Welt beherrschen. Und wenn man dann sagt, man kann die Effekte nutzen, zum Beispiel für Informationsverarbeitung, also dass man einfach einen besseren Computer macht, der aber ganz anders aufgebaut ist, dann verstehen sie das in der Regel schon.
Der nächste Schritt wäre ja, nicht nur Quantencomputing zu erklären, sondern auch Quantum Maschine Learning. Und da gibt es ja auch nochmal Unterschiede. Vielleicht magst du da im Vorfeld darauf eingehen: Was ist der Unterschied zu Quantum Maschine Learning und wann sprechen wir von Quantum AI.
Wenn man rein im Klassischen bleibt, gibt es ja die Unterscheidung zwischen Maschine Learning und AI generell und da geht es im Prinzip einfach nur darum, dass man einer Maschine nicht dezidiert sagt, was sie genau zu tun hat, sondern man füttert die Maschine mit Daten und die Maschine soll dann von allein wissen, wie ein gewisses Problem zu lösen ist.
Zum Beispiel kann man der Maschine einen Haufen Daten zeigen und die Maschine soll dann lernen, wie ein Pferd ausschaut. Wenn die Maschine dann ein neues Bild von einem Pferd sieht, soll sie wissen: Okay, das ist ein Pferd – aufgrund dessen, was sie von den anderen Daten gelernt hat. Und wenn ich in solchen Maschine Learning- oder AI-Applikationen Quantencomputer benutze, dann würde ich von Quantum Maschine Learning sprechen und das bringt gewisse Vorteile:
Zum Beispiel wäre ein möglicher Vorteil die Geschwindigkeit des Algorithmus. Zweitens wäre da die Geschwindigkeit des Lernens, im Sinne von: Ich brauche weniger Trainingsdaten. Wenn wir beim Beispiel Pferd bleiben, heißt das: Ich brauche womöglich weniger Bilder von Pferden, damit ich lerne, wie ein Pferd ausschaut, wenn ich einen Quantencomputer mitbenutze.
In der heutigen Zeit sind Daten eine sehr wichtige Ressource und teilweise nur beschränkt verfügbar. Daher ist Quantum Machine Learning eine sehr vielversprechende Applikation von Quantencomputing, ein sehr vielversprechender Use-Case. Mit Quantum Machine Learning können sich mit begrenzten Daten gute Lerneffekte erzielen lassen.
Kommen wir zu Quantum AI: Wofür steht der Begriff?
Die Kombination von Quantencomputing mit AI. Da bleibt die gleiche Abgrenzung wie zwischen klassischem Machine Learning und klassischer AI. Wenn man Quantum dazu gibt, ist es Quantum Machine Learning oder Quantum-AI. Also das eine ist einfach Teilmenge des anderen.
Und wo sieht man im Bereich Quantum Machine Learning wirklich viel Potenzial?
Obwohl ich meine Arbeit eigentlich im Optimierungsbereich gemacht habe, gemeinsam mit einem Kollegen von der Johannes-Keppler-Universität, sehe ich das größte Potenzial von Quantum Machine Learning eigentlich darin, dass ich über Quantensysteme generell etwas lerne. Ich habe zum Beispiel ein gewisses Material oder ein Molekül, das ich als Medikament verwenden möchte. Und über dieses physikalische System, das Molekül, das Material, möchte ich etwas lernen. Das Molekül, das Material ist ein Quantensystem.
Das heißt, es ist natürlich, dass ich mit einem Quantencomputer, der ebenfalls ein Quantensystem ist, über dieses Quantensystem effizienter etwas lernen kann, als wenn ich die Brücke über die klassische Welt schlagen würde. Und da gibt es auch schon erste Ansätze, wo gezeigt worden ist, dass man mit einem Quantencomputer theoretisch beweisbar exponentiell weniger Trainingsdaten braucht, als mit irgendeinem klassischen Machine Learning-Verfahren.
Du hast vorhin die Medikamentenentwicklung angesprochen. Ich höre aber auch immer wieder, dass wir im Bereich der Simulation noch weit entfernt sind.
Ja, das ist glaube ich, weil der Use Case Simulation nicht so klar definiert ist. Also, wenn ich für einen spezifischen Fall einfach gewisse Eigenschaften von dem Quantensystem erforschen möchte, ohne dass ich jetzt wirklich alles simulieren muss, dann wäre das in naher Zukunft möglich. Wenn ich aber ein sehr komplexes System vollständig zu simulieren versuche, wird es schwierig. Das Molekül zum Beispiel ist ein quantenmechanisches System, und das bewegt sich auch nicht isoliert, also im Vakuum. Da sind rundherum viele andere Moleküle, es ist alles ein unordentliches Gemenge. Dieses riesige, komplexe Gebilde vollständig zu simulieren, das ist schwierig. Und das wird sicher auch mit einem Quantencomputer noch länger dauern. Aber wie gesagt, wenn man über allgemeine Eigenschaften von einem physikalischen System Aussagen treffen möchte, im spezifischen Fall, da würde ich auch in näherer Zukunft das Potenzial von Quantencomputing sehen.
Kommen wir zu deinem Studienprojekt mit QMware. Erklär uns doch bitte, wie du dazu gekommen bist und was konkret die Problemstellung war.
Das Problem, das der Algorithmus lösen soll, ist ein Problem, das man in der mittelfristigen Produktionsplanung findet. Es stellt sich hier die Frage, wie viel soll ich zu welchem Zeitpunkt produzieren, damit ich eine gewisse Nachfrage in der Zukunft befriedigen kann.
Ich habe also gewisse Inputs im Unternehmen – was ich einkaufe, meine Eingänge. Und ich weiß, dass ich gewisse Endprodukte erzeugen möchte. Und die Endprodukte haben in gewissen Perioden – sagen wir Tag 1, Tag 2, Tag 3 – gewisse Nachfragen. Die kenne ich aber nicht. Ich weiß mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kunden am Samstag etwas kaufen und ich weiß mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kunden am Montag kaufen. Aber trotzdem ist die zukünftige Nachfrage ungewiss.
Damit ich jetzt von den Eingangsprodukten auf diese verschiedenen Endprodukte komme, kann ich in der Mitte verschiedene Komponenten erzeugen. Und diese Komponenten kann ich dann auf verschiedene Art und Weise zu meinen Endprodukten zusammensetzen.
Die Frage ist jetzt: Wie viel muss ich in jeder Periode erzeugen? Wie viel muss ich am Tag 1 von Komponente X oder Endprodukt Y und so weiter produzieren, wie viel muss ich von welchem Zwischenprodukt oder Endprodukt erzeugen, damit ich die Nachfrage jeweils abdecken kann.
Nachdem ich die Nachfrage nicht kenne, was mache ich? Es gibt jetzt in der klassischen Optimierung die Möglichkeit, dass man sogenannte stochastische Optimierungen durchführt. Das heißt, man sagt nicht: Die Nachfrage zeigt sicher zehn Produkte am Montag – sondern ich kenne gewisse Wahrscheinlichkeiten. Ich kann sagen, mit einer Wahrscheinlichkeit von 10% wird der Kunde fünf Produkte kaufen, mit einer Wahrscheinlichkeit von 20% wird er zehn Produkte kaufen und so weiter. Das heißt, wir sprechen von verschiedenen Szenarien.
Man optimiert also nicht für den Fall, dass der Kunde genau zehn Produkte kauft, sondern man optimiert für den Mittelwert über alle Szenarien hinweg. Das heißt, über die wahrscheinliche Menge, die er kaufen wird, wird optimiert. Und weil man viele Szenarien hat und auch vielleicht sehr viele Zwischenprodukte und einige Endprodukte, kann man sich schon vorstellen, das wird relativ schnell relativ kompliziert zu lösen.
Für die optimale Lösung braucht ein Computer einfach viel zu lange, das funktioniert nicht. Man benutzt also sogenannte Heuristiken. Eine Heuristik ist ein Algorithmus, der vielleicht nicht die optimale Lösung, aber eine brauchbare Lösung errechnet. Und das dafür in kürzerer Zeit. Einige dieser Heuristiken zerlegen jetzt dieses große Problem in Subprobleme. Man löst dann das Teilproblem 1, und erhält ein Ergebnis, welches als Input für Teilproblem 2 dient. Das Lösen von Teilproblem 2 gibt wieder ein Ergebnis, welches dann wiederum als Input für Teilproblem 1 dient. Das heißt, so nähert man sich iterativ, indem man die zwei Teilprobleme löst.
Und was ich jetzt gemacht habe, ist, das Schwere von diesen zwei Teilproblemen mit einem Quantencomputer zu lösen und dann zu vergleichen. Das heißt, ein Teil ist immer klassisch gelöst worden, der leichte Teil, und der schwere Teil, einmal klassisch und einmal mit Quantencomputer. Und das haben wir dann verglichen.
Und was hat der Vergleich ergeben?
Damit wir das überhaupt am Quantencomputer haben lösen können, haben wir diese Heuristik einerseits ändern müssen und auch die Problemformulierung geändert. Das heißt, auch der klassische Teil, den wir benutzt haben, den hat es vorher noch nicht gegeben.
Wir haben einen neuen klassischen Teil, der jetzt quanteninspiriert ist. Und wir haben das reine Quantencomputing miteinander verglichen. Die Erkenntnis: Mit den heutigen Quantenrechnern sind wir zwar noch nicht besser als der quanteninspirierte klassische Teil. Aber wir haben einen quanteninspirierten klassischen Teil gefunden, der in gewissen Situationen besser ist als alles, was es vorher gegeben hat in der klassischen Welt. Und das ist ein Learning aus der Quantenforschung generell: Man sollte nicht nur darauf schauen, wo Quantencomputing gleich viel besser ist als alles Klassische. Sondern fragen, was bringt die Quantenforschung oder die Tätigkeit im Quantenbereich allgemein? Und es bringt unter anderem, dass gewisse Barrieren in der klassischen Algorithmen-Entwicklung durchbrochen werden. Das heißt, man lernt da irrsinnig viel durch die Forschung im Quantencomputing-Bereich. Das ist superspannend.
Darf ich da nochmal nachhaken, zum Thema quanteninspirierter Algorithmus: Das heißt, es wird noch absolut klassisch gerechnet, also die Hardware ist noch klassisch, aber im Software-Design werden Quantenelemente bzw. wird die Mechanik des Quantenrechnens integriert?
Genau, also streng genommen ist das quanteninspirierte Rechnen etwas, wo man entweder gewisse Effekte vom Quantencomputer imitiert oder wo man sagt, okay, ich lasse mich nur durch die Quantenmechanik inspirieren und sage, gewisse Lösungen oder ein gewisses Vorgehen nutzt Effekte aus der Quantenmechanik. Und damit komme ich dann zu einer besseren Lösung. Superspannend.
Mit der Nutzung der QMware-Plattform hast du einen hybriden Ansatz verfolgt – also Nutzung von klassischen wie auch Quantenressourcen. Kannst du einmal erklären, was der Vorteil des hybriden Quantum Computing ist?
Dadurch, dass QMware so ein Komplettpaket anbietet, war es recht praktisch, diesen Switch zu machen zwischen dem klassischen Algorithmus und dem Quantenalgorithmus. Tatsächlich haben wir den tatsächlichen Quantencomputer nie benutzt, sondern immer nur den Quantensimulator. Das muss man jetzt wieder unterscheiden. Das hat nichts mit quanteninspiriertem Computing zu tun – der Quantensimulator bildet wirklich eins zu eins einen Quantencomputer nach. Auch weil Quantencomputer momentan nicht so groß ist, dass man es klassisch nicht mehr nachbilden kann, bietet es sich zu Forschungszwecken an, dass man einfach wirklich eins zu eins mit einem klassischen Rechner nachsimuliert. Aber dieser klassische Simulator verhält sich wirklich genau wie der Quantenrechner, mit allen Fehlern, die er hat.
Zum Schluss noch einmal der Blick nach vorne: Wie geht es für dich nun nach erfolgreichem Anschluss weiter? Bleibst du dem Quantum Machine Learning treu?
Der nächste Schritt ist jetzt der Wechsel von der Akademie in die Industrie. Und da möchte ich mit Quantencomputing, Quantum Machine Learning verbunden bleiben, einfach weil ich das Potenzial sehe und weil es ein extrem spannendes Thema ist. Nachdem der Zeithorizont sehr ungewiss ist, und es kann ja durchaus noch sowas wie ein Quantum Winter kommen, kommt für mich jetzt der Schritt, wo ich immer noch quantitative Probleme löse, aber das zentrale Thema, der Fokus ist nicht mehr das Quantum Machine Learning. Es spielt eine Rolle, aber es spielt nicht mehr die zentrale Rolle.
Du hast es vorher schon gesagt, du gehst in die Unternehmensberatung. Inwiefern ist Quantum Machine Learning für Unternehmen heute relevant?
Es ist eine Fragestellung für Unternehmen, gerade für Führungskräfte im Unternehmen, die wissen wollen: Muss ich auf den Quantenhype jetzt wirklich aufspringen? Was verpasse ich denn? Und das ist schon mal die erste Frage, die wichtig ist, zu klären. Was kann sich die Firma konkret erwarten? Da kann natürlich eine Unternehmensberatung, die Kompetenzen in dem Bereich hat, viel helfen. Wenn jetzt dann konkrete Benefits ausgearbeitet werden, dann kann man natürlich den nächsten Schritt gehen, und einen Prototyp aufbauen.
Erst loszulegen, wenn dann Quantencomputing schon skalierbar ist, wird zu spät sein. Man muss schon vorher wissen – ähnlich wie im Machine Learning – für was man es überhaupt brauchen kann. Vorher mal die Strukturen aufbauen, die Mitarbeiter an Bord holen, die Kompetenz und das Bewusstseins schaffen, dass man dann einfach schneller das Ganze im Unternehmen implementieren kann. Und für das sind Unternehmensberatungen gut.
In welchen Branchen erwartest du denn eine erhöhte Nachfrage für eine Beratung zu Quantum Machine Learning Anwendungen?
Also meiner Meinung nach hauptsächlich in Branchen, die wirklich wichtige, quantitative Probleme haben und die bereits den State of the Art an klassischem Computing ausgereizt haben, um kompetitiv zu bleiben. Wenn eine Firma gerade erst anfängt, mit klassischen Algorithmen zu arbeiten, dann ist noch so viel Luft nach oben, was das klassische Computing betrifft, da braucht es zunächst kein Quantum Machine Learning. Quantum Machine Learning ist relevant für Branchen, die wirklich State of the Art sein müssen, damit sie kompetitiv bleiben, wie zum Beispiel die Finanzindustrie. Oder wie erwähnt die Pharmaindustrie oder Materialherstellung, die mit Quantum Machine Learning extrem viel Ressourcen sparen können, wenn sie gewisse Simulationen besser machen können oder gewisse Eigenschaften von ihren Materialien verbessern können. Alles, was ich am Computer in Erfahrung bringen kann, muss ich nicht mehr im Labor machen. Alles, was ich im Labor mache, kostet sehr viel Zeit und sehr viele Ressourcen. In der Hinsicht wären es Beispiele, die stark von Quantencomputing profitieren könnten.
Wenn du jungen Schulabsolventen mit einem Interesse für die Welt der Quanten heute eine Empfehlung für Ihre Ausbildung mitgeben könntest: Was würdest du ihnen raten?
Zunächst einmal, ein grobes Bild dafür zu bekommen, wie vielfältig diese Welt der Quanten eigentlich ist und wo man sich selber eigentlich sieht. Sieht man sich mehr in der Grundlagenforschung, wo man, ähnlich wie Anton Zeilinger, Grundlagenexperimente beziehungsweise Grundlagentheorien zu dem Ganzen schafft. Oder sieht man sich mehr in der Anwendung und will am Quantencomputer von morgen arbeiten, an Quanten-Kommunikationstechnologien von morgen arbeiten. Man sollte sich das ganze Spektrum ansehen: Quantencomputing, Quantenkommunikation, Quantensensing. Und dabei eben auch nicht dem Hype verfallen und sich denken, okay, ich muss jetzt alles lernen, damit ich ja immer auf dem Zug oben sitze, weil in zwei Jahren ist das schon wieder Geschichte. So schnell wird es nicht gehen.
Und gleichzeitig sollte man im Auge behalten, dass man trotzdem eine breite Ausbildung anstrebt. Quantentechnologien sind noch ein sehr junges Feld, das heißt, es ist sehr dynamisch und da braucht man einfach Generalisten, die breit aufgestellt sind, um sich dann sehr schnell in die spezifischen Themen einarbeiten zu können. Je nachdem, in welchem Feld man später arbeiten möchte, macht es auch Sinn zusätzliche Fächer zu belegen. Von Elektrotechnik bis Informatik und so weiter. Das sind die drei Dinge, die ich jungen Absolventen mitgeben möchte: ein grobes Bild kriegen, das ganze Step-by-Step angehen und trotzdem eine breite Ausbildung anstreben.
Vielen Dank für das Gespräch.